Verschieden lange und dicke Kunststoffrohre müssen mit den dazu passenden Bögen zu einer Abwasserleitung zusammengesteckt werden. Das sieht auf den ersten Blick nicht schwierig aus, deshalb wagen sich beim Berufeparcours in der Leimbachtalschule in Dielheim viele Schüler an diese Aufgabe. Aber wie so oft bei handwerklichen Tätigkeiten liegt der Teufel im Detail. Wie steckt man die Teile so ineinander, dass sie nicht gleich wieder auseinanderfallen? Wie verbindet man zwei Rohren mit unterschiedlichen Durchmessern und wo setzt man die Bögen ein, um die vorgegebene Schräge zwischen Ein- und Ausgang herzustellen? Zum Glück sind alle Teile so vorgegeben, dass am Ende alles aufgeht. Außerdem gibt eine junge Dame, die den Stand betreut, helfende Tipps.
Die achten Klassen der Gemeinschaftsschulen und Werkrealschulen von Reilingen, Mühlhausen und Dielheim und die des Hör- und Sprachzentrums Neckargemünd hatten in Dielheim einen Tag lang die Gelegenheit, in die verschiedensten Berufsfelder hinein zu schnuppern. An 26 Ständen, die die „Jugendagentur Heidelberg“ in Zusammenarbeit mit lokalen und regionalen Betrieben aufgebaut hatte, konnten die Jugendlichen auf der einen Seite ihre Interessen, Fähigkeiten und Stärken testen, andererseits Einiges über weniger bekannte Berufe erfahren.
Am Stand des Friseurs wurden beispielsweise Zöpfe geflochten und Lockenwickler eingedreht, beim Elektroniker Kabel isoliert und montiert und bei den Gastronomieberufen das Tischdecken und Servietten falten eingeübt. Dann gab es Aufgaben, die über konkrete Berufe hinaus allgemeines handwerkliches Wissen und Geschick erforderten. Dazu gehörte das Schätzen von Gewichten und Längen, zeichnen mit Hilfe eines Spiegels und Werkzeuge benennen. Als weitere Ergänzung musste ein Test in Allgemeinbildung durchlaufen werden.
Vorgabe war, mindestens vier Stände zu besuchen und die dort die gestellten Aufgaben zu erfüllen. Je nach Geschicklichkeit wurden bei den einzelnen Aufgaben zwischen drei und 22 Punkten vergeben. Am Schluss wurde nicht nur die erreichte Gesamtpunktzahl gewertet, sondern auch, in welchem Verhältnis das Ergebnis zur Höchstpunktzahl stand. Ergänzend zum Parcours wurden Workshops angeboten über die Erfahrungen in der Ausbildung, über notwendige Versicherungen im Beruf, den Umgang mit Geld und die Digitalisierung. Außerdem erhielt man Informationen vom Arbeitsamt und einen Benimmkurs für das Berufsleben.
Jungen und Mädchen durchliefen den Parcours getrennt. Grund dürfte sein, dass junge Männer in diesem Alter oft mit körperlicher Geschicklichkeit angeben und Mädchen Hemmungen haben, sich unter den kritischen Blicken ihrer Schulkameraden an so typische Männerberufe wie Elektroniker oder Installateure heranzuwagen. Im Gespräch mit den Schülerinnen zeichnete sich bei der Frage nach den Berufswünschen zwar eine Mehrheit für Berufe ab, die mit Menschen zu tun haben, wie Friseuse, Krankenschwester oder Verkäuferin, es gab aber auch einzelne, die zumindest ein Praktikum in einem handwerklichen oder technischen Beruf anstreben.
Es ist sicher sinnvoll, die Ergebnisse des Parcours im Unterricht zu besprechen, aber auch die Eltern sollten sich für die Wahl der Berufspraktika interessieren, die in der achten Klasse anstehen, und ihre Kinder fragen, ob sie eher leichte Aufgaben ausgewählt haben oder auch schwierige mutig angingen. Liegen die Neigungen eher bei Berufen, die mit Menschen zu tun haben oder wird der Umgang mit Sachen und Materialien vorgezogen? Neigt das Kind zu schnellen spontanen Entscheidungen oder wägt es sorgfältig ab? Werden Aufgaben mit festem vorgegebenem Lösungsweg vorgezogen oder solche, bei denen man improvisieren und die eigenen Geschicklichkeit beweisen kann? So werden die Weichen für eine spätere Berufswahl gestellt, bei der es nicht mur um die Höhe des Verdienstes und um die Arbeitszeiten geht.
(Von Anton Ottmann)