Besuch aus Frankreich


(von Anton Ottmann) „Ich heiße Hugo, ich bin 12 Jahre alt, wohne in St. Nicolas du Port. Mein Lieblingsfach ist Sport, mein Lieblingsessen Pizza, meine Hobbys sind Videospiele und Fußball, ich bin lustig, meine Haare sind braun, ich habe Katzen.“ Das ist einer der Steckbriefe der 22 französischen Schülerinnen und Schüler des Collège St. Exépury, die der Leimbachtalschule in Dielheim einen zweitägigen Besuch abstatteten. Die Steckbriefe wurden in einem Buch zusammengestellt und mit Fotos und persönlichen Anmerkungen ansprechend gestaltet. Damit wollten sie bei den deutschen Schülern das Interesse wecken, die Urheber kennenzulernen, auch mit Aussagen wie: „Ich bin chaotisch und cool.“ Oder: „Ich bin sehr nett, ich bin nicht süß.“

Die Schüler im Alter von 12 und 13 Jahren wurden von ihrer Deutschlehrerin Emmanuelle Mageot, die perfekt und akzentfrei Deutsch spricht, begleitet. Mit dabei war die Französischlehrerin Geraldine Marizier, die in St. Nicolas eine Theaterklasse betreut, eine in ganz Frankreich große Besonderheit, und schließlich Alexandra Codani, die als studierte Lehrerin die mit Fachliteratur gut ausgestattete Schulbibliothek betreut und den Schülern bei der Recherche für Referate hilft.

Zum ersten Kennenlernen der Gemeinde Dielheim und der deutschen Freunde aus der achten Klasse, mussten die französischen Schüler, nach dem Besuch einer Unterrichtsstunde und dem gemeinsamen Essen in der Schulkantine, eine Stadtrallye bewältigen. Sie war von den Dielheimer Lehrerinnen Laura Käthner und Katrin Kümpel vorbereitet worden. Die kleinen Gruppen wurden jeweils von zwei deutschen Schülern begleitet, die ihnen zwar den Weg zeigten, aber nicht beim Lösen der Aufgaben helfen durften.

Unter anderem musste das Dielheimer Wappen gefunden und abgemalt, Fragen zur Kirche St. Cyriak, zum Leimbach, zum Theater im Bahnhof und zum St. Nicholas du Port Platz beantworten werden. So waren die Zuflüsse des Leimbachs zu suchen und das Schild, auf dem die Entfernung zur französischen Partnerstadt angegeben ist. Hauptaufgabe war hier, sich immer wieder untereinander zu verständigen, um das Ziel zu erreichen.

In der Zwischenzeit trafen sich deutsche und französische Lehrer in einem Klassenraum zum gemeinsamen „Kaffee und Kuchen“ – typisch deutsch und so vielen Franzosen nicht bekannt. Auch Bürgermeister Thomas Glasbrenner war gekommen, der sich eine Belebung der Partnerschaft mit St. Nicholas du Port wünscht. Er nahm die Gelegenheit war, um Myriam Dorner vom Dielheimer Partnerschaftsverein ausdrücklich zu danken, dass sie durch ihren Briefwechsel mit Emmanuelle Mageot die Schulkontakte angestoßen hatte.

Die ersten Eindrücke vom deutschen Schulalltag wurden lebhaft diskutiert. Deutsche Schüler zeigten viel mehr „Autonomie“ als französische, stellten Marizier und Codani anerkennend fest, im Unterricht werde sehr viel selbständig oder in Gruppen gearbeitet. Bemerkenswert sei auch, dass sich die die Schüler außerhalb des Unterrichts sehr frei bewegen können und kaum beaufsichtigt werden. In Frankreich sei es immer noch üblich, dass der Lehrer seinen Stoff vor der Klasse vortrage, und die Schüler würden in der Pause und auch beim Mittagessen von extra dafür ausgebildeten pädagogischen Kräften betreut und überwacht. Es sei bei ihnen undenkbar, Schüler ohne eine direkte Aufsicht auf eine Stadt-Rallye zu schicken. So sehr es ihnen auf der einen Seite gefiel, waren sie doch etwas schockiert über den in ihren Augen herrschenden Mangel an Disziplin.

So richtig warm wurden beide Schülergruppen dann am späten Nachmittag beim gemeinsamen Fußballspiel, bei Kennenlern- und Gesellschaftsspielen und der gemeinsamen Zubereitung des Nachtessens mit Salat, Maultaschen und „Mousse au Chocolat“. Bei der gemeinsamen Übernachtung in der Kulturhalle, bei der auch die Französischschüler aus der siebten und neunten Klasse teilnehmen durften, fielen die letzten Sprachbarrieren. Wenn es mit Deutsch oder Französisch nicht weiterging, dann vielleicht auf Englisch – störend waren hier nur noch aufsichtführenden deutschen und französischen Lehrer.

Nach dem gemeinsamen Besuch von Heidelberg fiel der Abschied am nächsten Tag doch recht schwer und man freut sich heute schon auf das nächste Treffen. Vielleicht in St. Nicholas du Port, oder schon etwas früher im Internet.

 

Das Schulsystem in Frankreich

Das „Collège“ ist die für alle verpflichtende vierjährige Sekundarschule – nach der fünfjährigen „Ecole Elémentaire“ und vor dem dreijährigen „Lycée“ mit Abschluss baccalauréat (Abitur). In der Regel sind die Schüler beim Eintritt 12 Jahre alt. Wie alle öffentlichen Schulen ist auch diese eine Ganztagsschule und kann mit dem „Brevet“, einem mittleren Bildungsabschluss beendet werden. Die Klassenbezeichnungen sind anders als in Deutschland: Gestartet wird im Collège mit der sechsten Klasse, es folgen die fünfte, vierte und dritte. Mit Ausnahme des freien Mittwochnachmittags werden von Montag bis Freitag morgens vier Stunden mit jeweils 55 Minuten und nachmittags drei Stunden mit jeweils 55 Minuten unterrichtet. Die Mittagspause beträgt, von Schule zu Schule unterschiedlich, zwischen ein und zwei Stunden. Ausnahmslos alle Schulen bieten ein Mittagessen an. Ein Lehrer unterrichtet jeweils nur ein Fach und die Schülerinnen und Schüler kommen in seinen Unterrichtsraum.