Kinder im Jugenalter


– ein Infoabend zum Thema Pubertät mit Alexandra Janson

Zum zweiten Mal luden die VHS Südliche Bergstraße und der Förderverein der Leimbachtalschule gemeinsam zu einem Infoabend rund um das Thema Erziehung und Erwachsenwerden ein. Nach dem Schwerpunkt „Kindesalter“ im Herbst 2014 folgte nun „das Jugendalter“.

Die Teenie-Zeit und Pubertät unserer Kinder stellt die letzte große Etappe in der Erziehung dar. Die heranwachsenden Persönlichkeiten prüfen immer mal wieder, ob wir als Erziehende noch ausreichende Zuverlässigkeit als Schutz- und Ratgeber bieten, damit sie unbeschwert erwachsen werden können. Dabei kommen wir Erwachsenen hin und wieder an unsere eigenen Grenzen.“

Um diese Tatsache zu erklären, benutzte Alexandra Janson, Erzieherin, Supervisorin MarteMeo Therapeutin, das Bild des „Bergführerprinzips“ von Hermann Reißfelder und bezog sich dabei auf dessen gleichnamiges Buch, das im Mai 2015 erschien.

Welche Aufgabe haben die Eltern in dieser „speziellen“ Zeit und wie können sie die Teenies sinnvoll begleiten und stärken?

Janson benutzte Bilder, bei denen klar wurde, dass es die Aufgabe der Erwachsenen ist, junge Menschen in die Selbständigkeit und komplette Unabhängigkeit zu leiten. Dabei gab sie auch ganz konkrete Tipps: Eine gewinnbringende Kommunikation beginnt damit, dass Erwachsene in Leitungsmomenten in liebevoller Klarheit Ansagen sollten, anstatt Fragen zu stellen. Denn einsehen können die Jugendlichen jetzt vieles nicht – sie müssen sogar anderer Meinung sein, um sich abzulösen aus der Einheit mit den Eltern.

„Mit Sätzen wie: Weil Du mir wichtig bist, lasse ich nicht zu, dass…, sollten wir mit möglichst kooperativen Tönen dafür sorgen, in allen Entwicklungsbereichen Gelegenheiten zu schaffen, damit sich Jugendliche kompetent fühlen“, so Janson. Als zentrales Schlagwort nannte Sie hierfür „Aktivieren statt Kompensieren“.

Denn lösen die Eltern die Probleme ihrer Kinder und Jugendlichen, so bleiben diese von den Eltern als Problemlöser abhängig und entwickeln keine eigenen Kräfte, die sie in Krisen und Konflikten aktivieren könnten. Ist der Problemlöser nicht parat, sind die Jugendlichen ängstlich und unsicher. Sie können nicht auf Erfolgserlebnisse aus ähnlichen Krisensituationen zurückgreifen.

Oft reicht es auch nur, der selbständigen Handlungsplanung und Problemlösung Raum zu geben, mit Sätzen wie: „Ich bin gespannt wie du das löst!“

Vielen der etwa 70 Zuhörer wurde bewusst, dass es natürlich für „uns“ Erwachsene im ersten Moment einfacher wäre, die anfallenden (Haus-) Arbeiten selbst zu leisten oder Probleme aus der Welt zu schaffen. Statt den oft eher antriebsarmen Teenager dazu zu bringen Verantwortung für die Dinge zu übernehmen, die so gar nichts mit dem geliebten „Chillen“ zu tun haben, erledigen es die Erwachsenen oft selbst.

„Doch das Lebensschiff der Teenies kann nur dann selbständig den Stürmen des Lebens standhalten, wenn es ausreichende Gelegenheiten hatte, Kompetenzen auch in unbeliebten Dingen zu entwickeln,“ so bringt es Alexandra Janson auf den Punkt.

Mit dem Bild des Lebensschiffs beschrieb Janson eine weitere wichtige Funktion des Elternhauses: Als bedingungslos liebende Eltern sind die Erwachsenen gefordert dem jungen „Lebensschiff“ ein sicherer Hafen bleiben. „Zu ihm kehrt es mehr und mehr nur noch zurück, um „Proviant“ zu holen oder wenn der Sturm des Lebens es gebeutelt hat.“ Oft gilt es, einem „Müllcontainer“ gleich, erst einmal die aufgestauten Emotionen anzunehmen, bzw. auszuhalten und zu benennen. Dann gilt es herauszufiltern, welche Kompetenz das Kind noch nicht entwickelt hat, wenn Erlebnisse es sehr belasten. Nun sollten Eltern überlegen, wie sie Hilfe zur Selbsthilfe geben können, also zu selbständigen Lösungen verhelfen und nicht fertige Lösungen vorlegen oder die Probleme gar selbst für die Jugendlichen lösen.

„Entscheidend als Basis der gewinnbringenden Kommunikation ist also erst einmal dem Jugendlichen zu folgen, das heißt seine Situation und die vorhanden Gefühle zu benennen, um somit Unterstützung dabei zu geben, die hormonell bedingt heftigen Emotionen zu registrieren, dann Hilfestellung dabei zu geben und diese zu regulieren“, so Jansons Empfehlung an die Eltern.

Abschließend gab Alexandra Janson den Eltern noch einen kleinen Trick mit an die Hand: Um bei heftigen Gefühlsausbrüchen oder für einen selbst nicht nachzuvollziehenden Ereignissen einigermaßen gelassen zu bleiben erst mal „Upps!“ sagen. Also ähnlich wie das „Hoppala“, das wir auch sonst bei Missgeschicken der Kleinen ausformen und damit Gelassenheit vermitteln. Die gestressten Hirnregionen werden erstmal bei allen Beteiligten frei und man schafft eher wieder die Kurve, souverän zu handeln und angemessene Töne zu finden. „Stimme macht Stimmung“, so Janson und Jugendliche brauchen immer mal wieder eine gelassene Stimme des Gegenübers, um aus der „Motz-Schleife“ herauszufinden. So kann es den Teenies gelingen immer wieder ein Modell für angepasste Töne zu bekommen und diese auch zu finden.

Jansons Fazit: Eltern sollten sich darüber im Klaren sein, dass die „wilden Zeiten“ sein müssen, um sich als eigene (gegensätzliche) Persönlichkeit wahrzunehmen, unabhängige Kräfte zu spüren, Probleme zu erzeugen und zu lernen, diese selbständig zu lösen.

Jugendliche, die genug Freiraum bekommen, ein gutes Selbstbild und Unabhängigkeit über selbständige Handlungsbereiche zu erfahren, haben es – und machen es dem Umfeld – einfacher. Hier bietet übrigens Vereinsarbeit eine optimale „Fundgrube“.

Ziel ist also, so Janson, das Selbstbild überwiegend mit Erfolgserlebnissen zu bestätigen und so das Erwachsenwerden nach jedem Teilerfolg mit „gutem Gesicht“ zu feiern. „Feiern ist ja sowieso die Lieblingsbeschäftigung in dieser Zeit und so war der letzte Tipp des Abends, die Chance wahrzunehmen, durch unsere Teenies an unsere eigenen wilden Zeiten erinnert zu werden, um so manches verschmitzte Lächeln in unsere eigenen Gesichter zu zaubern.“